07.03.18
Weil wir einige Tage "Sendepause" hatten, ruft mich mein
Freund Peter aus Berlin an und erkundigt sich nach unserem Wohlbefinden. Ja,
gut geht es uns, aber mein portugiesischer Internetanbieter NOS ist nicht flächendeckend
erreichbar – insofern lässt sich unser Reiseblog nicht taggenau auf den
neuesten Stand halten. Das ist keine Kritik an NOS, sondern nur eine
Feststellung, mit der wir gut leben können und die mir auch bei Reiseantritt bewusst
war. Leider gibt es bei allen Service Providern, regional unterschiedlich, heute
immer noch solche Funklöcher.
Nahtlos geht es bei uns weiter nach Sortelha, in das
nächste "Aldeias Históricas". Wer
durch die Porta da Vila in den mittelalterlichen Kern von Sortelha eintritt, fühlt
sich wie in einen Historienfilm versetzt. Wenn man die Augen schließt, kann man
beinahe die Pferdehufe der aus der Burg reitenden Ritter und die knarrenden
Räder der Bauernkarren auf dem groben Pflasterstein hören. Das Dorf ist seit
800 Jahren weitgehend unverändert. Freilich wurde es restauriert, doch die
Bausubstanz ist dieselbe wie eh und je. Die meisten der rustikalen Steinhäuser sind
Ferienresidenzen und nur wenige Monate im Jahr bewohnt (Auszug aus Reise
Know-How).
Da Sortelha auch für uns einen unbewohnten Eindruck vermittelt,
stellen wir unser Fahrzeug direkt neben der Porta da Vila ab und durchqueren das Tor voller Erwartung – allerdings mit offenen Augen. Insofern hören wir auch keine Pferdehufe
auf die Pflastersteine aufschlagen, sondern lautes Hundegebell, das ja auch im
Mittelalter nicht unüblich war.
Sortelha ist
sicherlich nicht so spektakulär mit der Natur verbunden wie Monsanto, aber durchaus reizvoll. Wir durchlaufen das Dorf ohne einer Menschenseele zu begegnen
– in der Saison dürfte es ganz anders aussehen.
Außerhalb der Porta Falsa (das Tor ist mit einer
Informationstafel gekennzeichnet) schauen wir auf das von der Natur geformte Wahrzeichen von Sortelha – ein riesiger Granitbrocken, den
die Einheimischen Cabeça da Velha ("Kopf der Alten") nennen und
der von Westen aus gesehen deutlich das Profil einer alten Frau
zeigt. Wir sehen mit viel Fantasie eher ein Nashornkopf. Von hier aus blicken wir zum Friedhof, der auf seine "eigenen" Felsen auch nicht verzichten
wollte.
Zum Fotografieren des Castelo besteige ich nur kurz die
Stadtmauer – sie ist generell eher was für Wagemutige, oder für diejenigen, die eine
Risiko-Lebensversicherung abgeschlossen haben, um ihre Angehörigen im eigenen
Todesfall finanziell abzusichern.
Zufrieden mit dem Gesehenen suchen wir Belmonte, den
Geburtsort des Brasilienentdeckers Pedro Álvares Cabral auf. Auch dieser Ort
gehört zu den zwölf historischen Dörfern, den Aldeias Históricas de Portugal.
In Belmonte ließ sich eine bedeutende jüdische Gemeinde
nieder, die sich erheblich vergrößerte, als die katholischen Könige von Spanien
1492 das Vertreibungsedikt erließen, dem sich der König von Portugal im Jahr
1496 anschloss. In dieser Zeit siedelten sich viele aus Spanien geflüchtete
Juden in grenznahen Orten wie Belmonte an. Der jüdischen Geschichte und
Gegenwart widmet sich das Museu Judaico. Etwas Oberhalb des Ortskerns erheben sich die Reste des
Castelo.
Die Zeit drängt – wir verlassen Belmonte in
Richtung Serra da Estrela, dem höchsten Gebirge des portugiesischen Festlands. Das
Kerngebiet des Gebirges bildet den Parque Natural da Serra da Estrela,
mit dem einzigen Skigebiet Portugals. Der Naturpark ist eines der Highlights, die wir etwas
länger besuchen wollten. Das Wetter macht uns einen Strich durch die Rechnung
und vereitelt unsere Pläne. Die Temperaturen werden weiter sinken – darüber
hinaus ist mit Schneefall auf unserer geplanten Strecke zu rechnen.
Wir fahren von Belmonte auf der N232 über Valhelhas,
Sameiro und Manteigas bis zur Quelle des Rio Zezere (40.32764 -7.58673).
Obwohl der Rio Zézere am Torre entspringt, tritt er hier auf 1.420 m Höhe als kleiner
Quellfluss zutage, inmitten eines Waldstücks mit Birkenbäumchen, Quellen und
Picknickareal. Es wird winterlich. Die Felsen werden höher, die Natur wilder
und rauer.
Nach einigen Kilometern erreichen wir die sieben Meter hohe
Schutzpatronin der Hirten, die Nossa Senhora da Boa (40.32293°N 7.60264°W). Die
Steinstufen, die zur Schutzpatronin heraufführen, sowie der kleine Steinaltar sind
nicht sichtbar, sie sind vom Schnee bedeckt. Alljährlich findet am zweiten
Sonntag im August das Fest der Madonna von Boa Estrela do Covão do Boi statt,
das viele Besucher anlockt.
Es wird schummrig und dann garstig in mehrerer Hinsicht. Wir sind zwischenzeitlich auf 1.900
m Höhe, Temperatur -1 °C, Schneeverwehungen begrenzen die Sicht, einige hundert
Meter vor uns leuchtet Blaulicht, Polizei sichert einen Unfallort ab, ein ins
Schleudern geratenen Fahrzeugs liegt am Straßenrand, Räumfahrzeuge sind
unterwegs – der Winter ist hier oben noch nicht vorbei. Der Torre mit seinen 1.993 m ist für
uns kein Thema mehr. Vorbei an der gewaltigen Staumauer des Lagoa Comprida geht
es wieder abwärts bis zum kleinen Bergort Sabugueiro in 1.050 m Höhe. Hier
übernachten wir an der kleinen Dorfkapelle (40.40388°N 7.64529°W), wo einmaliges Übernachten erlaubt ist. Wir bedanken uns durch einen Einkauf
bei der gegenüberliegenden Casa Serrinho.
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