Nichts konnte mich
bisher dazu bewegen, in die Türkei zu reisen. Nicht der fremden Kultur wegen,
nein, die war ganz und gar nicht der Grund Abstinenz dem Land gegenüber zu
zeigen. Es waren die Klischees von Antalya, Alanya und anderen deutschen "Hochburgen", die mir wenig Anreiz gaben, den asiatischen Teil dieses Landes
kennen zu lernen. Erst die in den letzten Monaten zunehmende Berichterstattung
gaben Anlass, mich intensiver mit dem Land zu beschäftigen. Syrische
Flüchtlinge und besonders der Islam polarisieren und spalten ja nicht nur die
deutsche, sondern darüber hinaus die gesamte europäische Bevölkerung. Was liegt
näher, sich mit dieser Thematik verstärkt auseinander zu setzen und sich
gleichfalls mit dem Land und mit seiner Bevölkerung zu beschäftigen. Dem Land,
wo verschiedene Hochkulturen lebten und wirkten, wie mein Freund Günter
ausführt. Mit seinen historischen Stätten, die wir aufgrund der unsicheren,
politischen Lage, leider nicht gänzlich bereisen werden. Uns reizt aber auch
die Natur dieses Landes, die in vielen Reiseberichten als unvorstellbar schön
geschildert wird.
Jetzt, am Abend vor
unserer Abreise prüfen wir nochmals unsere Liste mit allen mitzunehmenden
Sachen. Wir legen alles für den nächsten Morgen zurecht, um jeglichen Urlaubsstress
schon im Keim zu ersticken. Es darf nichts vergessen werden! Wird es uns
diesmal gelingen? Damit sich die Spannung nicht allzu stark aufbaut – ja, wir
haben alles mitgenommen. Auf jeden Fall sind wir noch bester Zuversicht beim
Niederschreiben dieser Zeilen.
Was für eine Freude für
Zora. Bei unserem heutigen Morgenspaziergang – noch ein letztes Mal in diesem
Frühjahr – tollt sie ausgelassen im Neuschnee rum und fordert mich zum Spielen
auf. Als ob sie ahnt, dass uns bald warme, später dann auch heiße Tage bevorstehen.
Wohlgemerkt, vom Wetter ist hier die Rede. Ich selbst laufe mit geringer
Begeisterung mit meinen Halbschuhen durch den knöchelhohen Schnee. Meine Wanderstiefel,
schnee- und wassergeschützt, sind für die Reise schon eingepackt. Der Sache gewinne
ich aber auch Gutes ab, da der Winter sich von seiner besten Seite bei uns verabschiedet.
Hell glitzernder, unberührter Schnee und aufkommende Sonne am klaren, blauen
Himmel – was will das Herz mehr. Dieses winterliche Bilderbuchwetter soll aber
nicht lange anhalten. Kurz vor unserer Abfahrt zieht sich der Himmel zu. Triest
und ungemütlich wird es, -2 °C zeigt das Thermometer.
In Kaş, unserem
zukünftigen "Basislager" in der Türkei, werden zur Zeit 14 °C gemessen. Unsere
Türkei-Reise startet bei schmuddeligem, ungemütlichen Wetter und bleibt während
der nächsten Stunden stabil. Auf der Gotthard Raststätte wird uns bei
Schneeregen und leicht weißen Berghängen die Temperatur mit 1 °C angezeigt.
Immerhin ein leichter Temperaturanstieg. Unverhofft kommen wir auf der
Raststätte zum Genuss meiner Lieblingsschokolade – Toblerone für 2 Euro, die
gegen zwei Toiletten-Gutscheine eingetauscht wird. In Bellinzona begrüßt uns endlich
der Frühling. Grau-blauer Himmel, "dezenter" Sonnenschein, die Bergspitzen nur
noch schneebedeckt und sage und schreibe 12 °C lassen unsere Herzen höher
schlagen. Nicht nur die ansteigende Temperatur – auch die Quarkbällchen haben
es Young-Ran angetan. 6 Stück gibt
sie mir auf meine Frage zur Antwort, so viel hat sie gegessen – außerdem sind
sie klein, in der Größe zwischen einem Tischtennis- und Tennisball. Für ein
ausgefallenes Mittagessen wirklich nicht zu viel – wenn da nicht das Abendessen
bei Antonietta auf uns warten würde.
Gegen 20 Uhr treffen wir
in Diano Arentino ein, werden von Antonietta und ihrer 85jährigen Mama
überschwänglich begrüßt - der gedeckte Tisch wartet auf seine Gäste. Spaghetti
und kleine Pizzateilchen als Vorspeise, Kaninchen als Hauptgericht. Antoniettas
Küche ist köstlich – fünf Sterne werden von mir vergeben. Allein die Kochkünste
Antoniettas lohnen einen Umweg von ca. 340 km – insbesondere aber die
außergewöhnliche Gastfreundschaft, die wir nun schon seit vielen Jahrzehnten
genießen. In den ersten Jahren unseres Kennenlernens noch zusammen mit ihrem
Milo, der viel zu früh, vor zwanzig Jahren verstarb. Viel Gesprächsstoff steht
zur Verfügung – Vergangenes wird intensiv behandelt. Zwei Jahre sind es her,
dass wir das letzte Mal zusammensaßen. Etliches ist zwischenzeitlich passiert,
nicht nur positives. Aber das zählt heute Abend nicht, heute genießen wir das
Zusammensein unter Freunden und zu später Stunde auch die Apfelküchle von
Antoniettas Mama.
13.244 km Tagesstart
13.889 km Tagesende
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