Sonntag, 20. März 2016

03.03.2016 | Ein Besuch, der nicht auf dem Reiseprogramm steht

Die Kardirga-Bucht wählten wir gestern Abend recht spontan für unsere Übernachtung. Der Reiseführer spricht von einer weit geschwungenen Bucht, deren Sand-Kies-Strand Hotels und Campingplätze säumen, die Bucht mit der blauen Flagge für das ausgezeichnete Meer geehrt wurde und schon seit Jahren als Touristenziel bekannt ist. Es wird darauf hingewiesen, dass die Unterkünfte nur von April bis September geöffnet sind – was uns als "freie" Camper nicht einschränkt. Was uns erschreckt ist der Umstand, dass wir gerade das "Großreinemachen" erleben – so jedenfalls ist unser Eindruck.

 

Ob die in der Nacht laut bellenden Hunde Zora auffordern wollen vor die Tür zu kommen, wissen wir nicht so richtig. Jedenfalls erwarten uns früh morgens beim Verlassen der Wohnkabine fünf aufgeregte Hunde, die sich zu uns gesellen, wobei ein Rüde sich schließlich unserem Spaziergang anschließt. Zunächst in gebührendem Abstand hinter uns, dann beim Rückweg vor uns. Immer wieder mal ins Gebüsch verschwindend und schnüffelnd etwas Interessantem nachläuft. Für Zora wäre das hier ein richtiges Hundeparadies mit vielen Möglichkeiten anzubändeln, wenn sie von mir nicht immer wieder von den aufdringlichen Hunden ferngehalten wird.

Während des Frühstückens nehme ich einen meiner Reiseführer zur Hand und schaue nach, was die Gegend noch zu bieten hat. Ich bin überrascht. Auf Assos und Behramkale wird hingewiesen, die hier in unmittelbarer Nähe liegen. Ich lese weiter: Assos, ein Ort zwischen Ruinen und kristallklarem Wasser. Der Name einer längst untergegangenen Stadt, steht noch immer für ein hübsches Dorf hoch über der Küste, das heute eigentlich Behramkale heißt. Es gehört zu den schönsten Standorten der nordägäischen Küste. Spektakulär ist die Aussicht vom Burgberg in luftiger Höhe über das hügelige Hinterland und über das tiefblaue Meer hinüber nach Lesbos. Assos steht aber auch für einen malerischen Hafen, durch ein 1,2 km langes, steiles Sträßlein mit Behramkale verbunden. Das alles ist uns einen Besuch wert – auch wenn er nicht auf unserem Reiseprogramm steht. So nähern wir uns auch recht bald nach dem Verlassen unseres Übernachtungsplatzes der Ortschaft Behramkale, finden ein Gelände mit kaum erkennbaren Wegen, unübersichtlich, nur dürftig beschildert, die spärlichen Reste der antiken Stätte, die der Reiseführer erwähnt, sind kaum auszumachen. Die Befestigungsanlage mit ihren Mauern und Türmen ist noch am besten zu erkennen. Aufgrund der dunstigen Wetterlage ist die Aussicht von hier oben auch nicht so spektakulär, wie es der Reiseführer beschreibt. Trotzdem schaut Zora interessiert in die Umgebung. Ich weniger, schade, bei dem heutigen Wetter hält sich meine Begeisterung in Grenzen. Young-Ran wusste schon, warum sie im Fahrzeug sitzen geblieben ist.





Die kleine Ortschaft Behramkale, die wir anschließend durchfahren, kann uns auch nicht überzeugen. Es liegt wohl gleichfalls hier an der frühen Jahreszeit. Der Ort hat sich für die Touristen noch nicht "fein gemacht".



Interessanter wird es bei der Abfahrt zum Hafen und am Hafen selbst, der uns durch sein "malerisches" Dasein überzeugt und uns letztendlich auch mit der Gegend und dem Ort versöhnt.






Und doch bleibt ein trauriger Beigeschmack. Assos hat in den vergangenen Monaten auch Schlagzeilen als Schlepperhochburg gemacht. Von hier aus starten die meisten Boote Richtung Lesbos. Die griechische Insel, deren Ufer von Assos deutlich auszumachen ist, liegt nur acht Kilometer entfernt. Zehntausende Flüchtlinge haben diese Route nach Europa bereits genommen. Es ist einer der Ausgangspunkte der Balkanroute, vielleicht der wichtigste (DIE WELT, 06.11.15).

Unsere Fahrt führt zurück zur E87/550, entlang am Golf von Endremit, einer riesigen Einbuchtung des Ägäischen Meeres, deren Küste mit Feriensiedlungen stark bebaut ist. Zur Mittagszeit treffen wir in Ayvalik, mit seinen 23 vorgelagerten Inseln, ein. Zur griechischen Insel Lesbos ist es auch von hier nur ein "Katzensprung".





Ayvalik dient uns nur als Durchgangsstation, obwohl das Städtchen zum länger Verweilen einladen soll. Die Hauptdurchgangsstraße, an der wir einen der wenigen freien Parkplätze finden, wirkt hektisch und nüchtern. Wir bewegen uns mehr zur Uferfront hin, die allerdings auch nicht so richtig ihre Reize zeigt. Interessanter sollen die engen, krummen Gässchen sein, die sich durch das alte Zentrum den Hang hinauf kriechen. Wie vor 100 Jahren sollen dort noch zuweilen Pferdefuhrwerke über das Pflaster klappern.

In einer Imbisslokalität wird uns wieder einmal eindrucksvoll bestätigt, dass die türkische Küche nicht nur aus Döner Kebab besteht. Uns wird eine schmackhafte Zubereitung aus Gemüse, wie z. B. Tomaten, roten und grünen Peperoni, Auberginen, Broccoli, kleinen mit Reis gefüllten Wirsingkohlröllchen, Graupen und einer sehr schmackhaften Tomatensoße serviert. Für zwei Gerichte, inkl. 2 kleinen Flaschen Wasser und einem Glas Tee zahlen wir 30 TL, also ca. 10 €.

Gestärkt für den Besuch von Bergama, dem einstigen Pergamon, fahren wir zu später Mittagszeit weiter. Wir erreichen über die mehrere Kilometer lange Hauptachse des Städtchens, Izmir Caddesi, das Zentrum, wo auch das Archäologische Museum seinen Sitz hat. Die Straße ändert dann weiter nördlich ihren Namen in Bankalar Caddesi und mündet nach einem Rechtsknick in der Altstadt im Bereich der Kizil Avlu, der Roten Halle. Einige wenige 100 m weiter folgen wir links dem Park-Hinweisschild zur Akopol, bzw. zur Akropolis. Wer mit der Seilbahn auf den Burgberg möchte, fährt noch ein Stück weiter geradeaus zur Talstation. Wir fahren den Vulkanschlot, der vermutlich im 7.- 6. Jh. v. Chr. entstanden ist, mit unserem PickUp aufwärts. Anfangs durch eine enge Gasse, die mit 10 % Steigung angegeben ist, mir aber wie mindestens 20 % vorkommt, bis sich dann die Straße etwas weniger steil weiter nach oben windet und breiter wird. Nach ca. 3,5 km erreichen wir den Parkplatz der Akropolis. Der Fernblick ist imposant. Im Tal wird der Flusslauf des Kestel Cayi gestaut, der die Wasserversorgung Bergamas sicher stellt. Auf der südlichen Seite breitet sich die Ortschaft vor dem Burgberg aus.



An der Kasse erfahren wir die Öffnungszeiten: im Sommer täglich von 8.30 Uhr bis 19 Uhr, ansonsten bis 17 Uhr. Der Reiseführer spricht für die Winterzeit, in der wir uns offiziell befinden, von verkürzter Öffnungszeit. Wir beschließen in Bergama zu übernachten und fahren die Hauptstraße zurück, bis zu einem Hinweisschild, das mir kurz vor der Stadteinfahrt auf der linken Seite auffiel. Hier bietet ein Restaurant offiziell Übernachtungen für Camper an – allerdings nicht zur jetzigen Jahreszeit. Der Besitzer verweist auf ein nahe gelegenes Hotel. Es ist die Hotel- und Sportanlage Kleopatra Café & Restaurant, Bergama Belediyesi, Güzellik Ilicasi, Sosyal Tesisleri. Das umzäunte Anwesen wird Tag und Nacht bewacht. Der gegenüberliegende öffentliche Parkplatz, wo wir uns für die Nacht abstellen, gibt uns deswegen auch genügend Sicherheit.

Beim Abendspaziergang begegnen uns vor einem Schulgrundstück drei junge Schüler, ca. 10 Jahre alt, die mit Zora spielen möchten und nach ihrem Namen fragen. Sie selbst stellen sich gleichfalls mit ihren jeweiligen Namen vor.

Um 19 Uhr ruft der Muezzin die Gläubigen zum Gebet – wir machen es uns in der Wohnkabine gemütlich. Nein, Young-Ran macht es sich gemütlich, ich schreibe meine Notizen für die Reiseberichte und bearbeite anschließend noch die heute aufgenommenen Bilder.

15.587 km Tagesstart
15.791 km Tagesende

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